Interview mit Dr. Gerhard Roiss in den OÖ Nachrichten vom 29. April 2023
Was hat das mit der bei uns geplanten Freileitung zu tun? Sehr viel. Dr. Gerhard Roiss war Vorstandsvorsitzender der OMV AG und Aufsichtsratsvorsitzender der Verbund AG. Gerhard Roiss war ein Manager, von denen wir in Österreich leider viel zu wenige haben.
Hier ein Auszug aus dem Interview (ist auf OÖN.at nur als Bezahlversion lesbar) www.nachrichten.at/wirtschaft/weniger-gas-aus-russland-der-flaschenhals-ist-im-muehlviertel
Sie skizzieren einen Weg in Richtung Gasunabhängigkeit von Russland. Wie schaut es mit den technischen Voraussetzungen aus?
Gerhard Roiss: Die Pipelines müssen in ihrer Kapazität erweitert werden, damit das Erdgas in zwei Richtungen fließen kann. Also konkret nicht nur von Russland über die Ukraine nach Baumgarten in Niederösterreich, sondern auch von Norwegen über Deutschland über Oberkappel Richtung Baumgarten. Da ist vieles geplant. Es müssen Kompressoren eingebaut und Rohre verlegt werden, damit die Fließrichtung geändert werden kann.
Gibt es Hürden?
Ein wichtiger Teilabschnitt führt durch das Mühlviertel. Hier besteht ein Flaschenhals.
lnwiefern?
Die Transitleitung West-Austria-Gasleitung, WAG, ist auf dem Weg von Oberkappel Richtung Baumgarten, dem wichtigsten österreichischen Gasverteilzentrum, teilweise zu gering dimensioniert. Die Durchleitungsrohre haben teilweise einen Durchmesser von 80 Zentimetern und bräuchten 120 Zentimeter.
Welchen Aufwand bedeutet das?
Wir reden von Investitionen von 180 Millionen Euro. Das ist bekannt und in den Investitionsplänen der Gas Connect Austria (ein Unternehmen, das die OMV 2021 mehrheitlich an den Verbund verkauft hat, Anmerkung), enthalten.
Wo ist dann das Problem?
Meines Wissens dauern diese Investitionen zwei bis drei Jahre. Das muss dringend beschleunigt werden. Ich meine, das muss in zwölf bis 15 Monaten machbar sein. Dann können wir zusätzlich drei Milliarden Kubikmeter (bei einem Jahresbedarf von sieben Milliarden Kubikmeter, Anmerkung) aus Nord- und Westeuropa erhalten. So könnten wir das Gasversorgungsproblem und gleichzeitig ein zweites Problem lösen.
Welches?
Ich rede immer der Infrastrukturbündelung das Wort. Die umstrittene 110-kV-Hochspannungsleitung im oberen Mühlviertel könnte bei diesen Grabungsarbeiten auf der betroffenen Strecke als Erdkabel verlegt werden.
Der eine Bauherr ist eine Verbund-Tochter, der zweite die Energie AG. Wie realistisch ist die Bündelung in der kurzen Frist?
Beides sind heimische Unternehmen, noch dazu mehr oder weniger in öffentlicher Hand. Es wäre ein Schildbürgerstreich, diese Chance zu verpassen, zumal sich daraus große Einsparungen ergeben. Man muss in Oberösterreich dem Land der Möglichkeiten endlich begreifen, dass die Zukunft nicht in der linearen Fortsetzung der Vergangenheit liegt.
Haben Sie bei der Stromleitung ein Eigeninteresse als Anrainer?
Ich bin nicht persönlich betroffen. Aber ich bin solidarisch mit den Menschen im Mühlviertel, die betroffen sind.
Rudolf Niederwimmer, IG Landschaftsschutz Mühlviertel