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Offener Brief an den Landeshauptmann

trassenplan - dietrichschlag

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,

ihre Budgetrede vom 4. Dezember 2018 möchten wir zum Anlassen nehmen und Anknüpfungen an die geplante Starkstrom-Freileitung von Rohrbach über Langbruck bei Bad Leonfelden bis Freistadt herstellen.

Wir leben in einer Wohnsiedlung im Bereich der Stadtgemeinde Bad Leonfelden die von der geplanten 110 kV Strom-Freileitung stark betroffen sein wird. Laut den seitens der Netzbetreiber veröffentlichten möglichen Leitungstrassen, ist eine unmittelbare Leitungsführung entlang unserer Wohnhäuser in Planung, wodurch unsere Wohnsiedlung an voraussichtlich drei Seiten umspannt wird. Wir möchten ihnen die Situation anhand einer Planskizze, welche das gewidmete Wohngebiet sowie die aktuelle Luftbildaufnahme mit den errichteten Wohnhäusern und jeweils die trassierte 110 kV Stromleitung ausweisen, veranschaulichen.

trassenplan - dietrichschlag

Sie haben in ihrer Rede ausgeführt, dass es für sie eine ganz entscheidende Aufgabe ist, dass die Menschen in unserem Land mit Zuversicht nach vorne schauen können und sich auch getrauen nach vorne zu gehen ……

Die Wohnsiedlung Dietrichlag besteht aus 64 Wohnhäusern und ist entgegen dem ländlichen Trend durch Neubauten von vielen Jungfamilien in den letzten Jahren stark gewachsen. Die Einwohnerzahl hat sich ausgehend von der letzten Volkszählung im Jahr 2001 von 184 auf 250 Einwohner stark erhöht (35,87 %). Unter den aktuellen Einwohnern befinden sich 74 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Drei Familien erwarten in den nächsten Monaten weiteren Nachwuchs.

dietrichschlag - kinder - spielplatz

Im April 2018 haben einige Bewohner durch Zufall von der geplanten 110 kV Stromleitung erfahren, welche unser Wohngebiet im Nahbereich umspannen wird. Seither herrschen bei den Familien unserer Dorfgemeinschaft große Unsicherheit und massive Ängste. Viele sehen bereits eine starke Gesundheitsbeeinträchtigung und eine massive Entwertung der privaten Wohnliegenschaften als Gegeben an. Viele der Jungfamilien haben ihre gesamten Ersparnisse und ihren Fleiß – wie sie uns Mühlviertlern in der letzten Aussendung zugestanden haben – in den Traum ihres Eigenheimes investiert, sich zumeist auch noch stark verschuldet und stehen nunmehr vor dem möglichen Verlust ihrer Lebensgrundlagen.

Die seitens der Projektbetreiber Netz OÖ GmbH (ein Unternehmen der Energie AG) sowie Linz Netz GmbH (ein Unternehmen der LINZ AG) in Begleitung durch das Land OÖ angekündigten und
umgesetzten Regionskonferenzen haben in keiner Weise die Anliegen oder Sorgen der betroffenen Anrainer in ihre Planung mit aufgenommen, da dies offenbar im Rahmen der derzeitigen gesetzlichen Grundlagen nicht vorgesehen bzw. erforderlich ist. Die Regionskonferenzen wurden ausschließlich für gewählte Vertreter der betroffenen Gemeinden ins Leben gerufen, jedoch hatten diese vermeintlich nicht den Sinn die betroffenen Anrainer bzw. Grundbesitzer über die anstehenden Veränderungen zu verständigen. Erst die Bewegung IG Landschaftsschutz hat aufgezeigt, dass die Starkstrom-Freileitung noch keine fixe Sache ist und durch die Entscheidungsträger noch verändert werden kann bzw. die Freileitung auch nicht die einzige Möglichkeit zur Sicherung der
Stromversorgung ist. Mit Zuversicht nach vorne schauen ist uns zurzeit alles andere als möglich, geschweige denn dass wir uns aktuell getrauen nach vorne zu gehen.

 

Sie meinten, sie sind mit ihrem Team angetreten, um einiges in diesem Land neu zu machen und neu zu gestalten ……

Seit nunmehr mehr als 130 Jahre (genau seit 1882) werden Starkstromleitungen als Freileitungen errichtet. Viele Anlagen werden in Oberösterreich nunmehr nach etwas mehr als 70 Jahren erneuert, da diese die technische Lebensdauer erreicht haben. In unseren Nachbarländern sowie in den österreichischen Zentralräumen wird in letzter Zeit zunehmend auch im Starkstromnetz auf Erdleitungen gesetzt. Die fortschrittliche Entwicklung lässt sich zurzeit in Oberösterreich vermissen und könnte durch politische Maßnahmen eingeleitet werden. Dies wurde auch seitens Herrn Univ.- Prof. Dipl.-Ing. Dr. Lothar Fickert bei der letzten Regionskonferenz zum Ausdruck gebracht. Nur die Politik hat die Möglichkeit die Netzbetreiber zur Errichtung von  Erdkabelleitungen zu bewegen, insofern die in die Jahre gekommenen gesetzlichen Grundlagen in diesem Land neu gemacht und neu gestaltet werden.

 

Sie zeigten auf, dass es wichtig ist, sich richtig zu entscheiden und die Tat folgen lassen ……

Es liegt an ihnen einen neuen Stil bei der Errichtung der Strominfrastruktur einzuleiten. Sie könnten auf Basis neuer Vorgaben bzw. gesetzlicher Regelungen die vorrangige Errichtung von Erdkabel einführen, um der Zerstörung der Landschaft Einhalt zu gebieten, einen besseren Schutz des Wohnraums der betroffenen Liegenschaftseigentümer und Anrainer herbeizuführen und der
erheblichen Entwertung der Liegenschaften betroffener Anrainer entgegenzuwirken.

Das Bundesland Kärnten hat sich bereits zum besseren Schutz ihrer Bevölkerung bekannt und im Kärntner Elektrizitätsgesetz eine zwingende Abstimmung im Rahmen der Raumplanung eingeführt. Dem sensiblen Bereich eines geschlossenen Siedlungsbereiches wurde eine große Bedeutung zugemessen, wonach hier die Errichtung von elektrischen Leitungsanlagen als Erdkabel anzustreben ist. Wir hoffen, dass auch sie sich richtig entscheiden und Taten folgen lassen.

dietrichschlag

 

Sie hoben hervor, wie wichtig es ist, das Richtige zur richtigen Zeit zu tun ……

Da sich die 110 kV Strom-Freileitung in der finalen Planungsphase befindet und voraussichtlich Anfang nächstens Jahres beim Land Oberösterreich zu deren behördlichen Genehmigung eingereicht wird, haben sie als politischer Verantwortlicher noch die Möglichkeit die Grundlagen für den Leitungsplan zu ändern bzw. zu verbessern. Es wäre noch nicht zu spät, um ein innovatives Vorzeigeprojekt (Pilotprojekt zur Erdkabelleitung mit wissenschaftlicher Begleitung) zu realisieren, so wie ihnen dies bereits durch die Bewegung IG Landschaftsschutz vorgeschlagen wurde. Wann wenn nicht jetzt, wäre es die richtige Zeit das Richtige zu tun.

 

Sie führten aus, dass sie handeln, wo heute das Morgen entschieden wird, wenn es um Investitionen in die Zukunft unseres Landes geht ……

Als politischer Verantwortlicher könnten sie heute ein anderes Morgen einleiten, wonach nicht mehr nur Freileitungen im ländlichen Raum errichtet und über Generationen die Lebensqualität und das Landschaftsbild massiv beeinträchtigt werden. Der erforderliche Netzausbau im Starkstrombereich – so wie im Zentralraum bereits Standard – kann aus technischer Sicht für die gesamte Bevölkerung unsichtbar als Erdleitung ausgeführt werden. Die Errichtung von Stromleitungen sollte durch das landeseigene Energieunternehmen im Sinne und zum Wohle der gesamten Bevölkerung erfolgen und nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Fakten bemessen werden. Wir sehen auch die Strominfrastruktur als eine maßgebliche Investition in die Zukunft unseres Landes, welche verantwortungsvoll durch die Politik mitzugestalten ist. Es liegt daher an ihnen heute zu handeln, um ab Morgen eine bessere Entscheidung für die Zukunftsinvestitionen unseres Landes zu erreichen.

 

Sie führten aus, dass es für sie nicht nur ein Zahlenwerk, sondern eine Frage des Charakters ist ……

In der letzten Regionskonferenz wurde durch die Netzbetreiber – leider auch mit Unterstützung durch das Land OÖ – sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass für sie das Zahlenwerk ganz klar im
Vordergrund steht. Hinsichtlich des laut Auskunft des scheidenden Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Dr. Michael Strugl durch das Land OÖ bei Ernst & Young in Auftrag gegebenen Gutachten zum Investitions- und Kostenvergleich ist festzuhalten, dass laut den bislang vorliegenden Unterlagen kein konkreter Vergleich angestellt wurde, sondern nur das offensichtlich gewünschte Ziel einer mehrfachen Kostenbelastung betreffend eines Erdkabel dargestellt wurde. Die Bewegung IG Landschaftsschutz wird mittels der hinzugezogenen Experten nach Vorliegen des vollständigen Gutachtens hierzu noch umfangreich Stellung nehmen. Wir hoffen, dass sie sich in ihrer politischen Tätigkeit nicht nur vom ausschließlich durch die Netzbetreiber genährten Zahlenwerk (ver)leiten lassen und auch hier die Charakterfrage gestellt wird.

 

Dietrichschlag

 

Als Entscheidungsträger Entscheidungen mit Charakter zu treffen ……

Wir und insbesondere unsere Kinder nehmen sie beim Wort und hoffen, dass sie auch beim Stromprojekt Mühlviertel als politische Entscheidungsträger eine Entscheidung mit Charakter treffen.

 

Sie wollen für unser Land erreichen, dass alle mit Optimismus in die Zukunft schauen können, wenn sie wissen, dass sie für sich persönlich in einem Land der Möglichkeiten leben ……

Die Bevölkerung des Mühlviertels hat es geschafft ihren Lebensraum auch aufgrund der klein strukturierten Land- und Forstwirtschaftsbetriebe zu erhalten und zu pflegen. Diese Errungenschaft
hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die Region des nördlichen Mühlviertels in den letzten 25 Jahren zu einer begehrten Tourismusregion im sanften Tourismus entwickelt hat. Darüber hinaus hat das Mühlviertel generell einen hohen Stellenwert als Naherholungsgebiet für den oberösterreichischen Zentralraum inne. Insbesondere die sanfte hügelige Landschaft stellt einen
unvergleichbaren Mehrwert für die Erholungssuchenden dar. Das Mühlviertel hat also bewiesen, dass es die Möglichkeiten im Land zu nutzen wusste.

Der bisher gelebte Optimismus gelangt nunmehr allerdings in weiten Teilen des Mühlviertels ins Wanken, wenn unser Lebensraum durch einen nicht umweltverträglichen Eingriff in weiten Teilen zerstört und das Landschaftsbild nachhaltig über Generationen hinaus nachteilig verändert wird. In den letzten Monaten hat uns nur die Bewegung IG Landschaftsschutz einen Funken Hoffnung angedeihen lassen, sodass wir unseren Optimismus noch nicht ganz verloren haben. Es liegt in der Hand und in der Verantwortung der politischen Entscheidungsträger, ob wir wieder zuversichtlich nach vorne schauen können, wissend das durch die Politik das Leben in unserem Land stetig verbessert und auch Vorsorge für eine bessere Zukunft getroffen wird.

 

Innovation braucht Neugierde und vor allem Freude am Neuen und noch unentdeckten, das bedingt ganz wesentlich eine Grundhaltung, dass für uns der Mensch weit, weit mehr ist, als nur
ein effizientes und funktionierendes Wesen ……

 

Es sollte nicht nur der Privatwirtschaft vorbehalten sein Innovationen zu entwickeln und umzusetzen. Auch das landeseigene Energieunternehmen sollte echten Innovationen gegenüber aufgeschlossen sein. Die Entwicklung und Umsetzung einer innovativen Erdkabellösung unter wissenschaftlicher Begleitung im Mühlviertel bietet dem Netzbetreiber die Grundlage und Chance für eine künftige fortschrittliche Weiterentwicklung des Stromnetzes. Insbesondere bei der Herstellung von Infrastrukturen sollte der politische Auftrag klar den Schutz der Bevölkerung bzw. ihres Umfeldes (Lebensraum) umfassen. Den wie sie selbst sagen, ist jeder Mensch eine Persönlichkeit im umfassenden Sinn, mit all den dazugehörenden Ansprüchen und Sehnsüchten nach einer
umfassenden Entfaltungsmöglichkeit und auch nach Lebensqualität.

Tun, was dem Land gut tut! ……
sollte im Umkehrschluss auch bedeuten ……
Bleiben lassen, was dem Land schadet!

So wie sie, wollen auch wir etwas Neues angehen. Wünschenswert wäre es, wenn wir gemeinsam daraus etwas machen könnten.

 

Mit freundlichen Grüßen aus Dietrichschlag
Die Dorfgemeinschaft

 

 

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